Ein Beitrag von Paul Daniel
Zweimal wüteten in Friedrichsgrätz verheerende Feuer, die das Gesicht von Friedrichsgrätz sehr veränderten.
Von dem ersten großen Feuer 1894 weiß ich nur, dass ein Viertel aller Häuser im unteren Dorf verbrannte. Meine Großmutter war damals erst 3 Jahre alt und meine Urgroßmutter habe ich leider nie danach gefragt.
Über das zweite große Feuer hat mir Großmutter erzählt und auch von anderen Zeitzeugen habe ich einiges über dieses Unglück erfahren.
Der 7. September 1904 musste ein schwüler, heißer Tag gewesen sein. Die Ernte war bereits eingefahren und lagerte in den Holzscheunen. Der Winter im voraus gegangenen Jahr war besonders streng mit reichlich Schnee und viel Schneebruch im Wald. Fleißig wie die Friedrichsgrätzer waren, sammelten sie schon für die kommenden Winter alles Bruchholz auf und schlichteten diese kostbaren Vorräte so nahe wie möglich an ihre Holzhäuser. Das alles und der starke Ostwind trugen mit dazu bei, dass das Feuer innerhalb von 3 Stunden fast das ganze obere Dorf, unmittelbar bis zur Kirche vernichtete.
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Es musste damals ein großes Chaos im Dorf gewesen sein. Die vielen Kinder rannten hin und her. Die Eltern schrieen und hatten Angst um ihre Kinder und den kärglichen Besitz. Die Menschen wussten nicht wohin sie sich retten sollten vor der Feuerbrunst. Viele lagerten ihr Hab und Gut in die Nähe des Baches, oder man fuhr die Fuhrwerke in den Bach hinein, aber nichts half, es verbrannte alles. Viele, unter anderem auch meine Großmutter mit ihren 14 Jahren führten das Vieh auf die Felder, um es zu retten. Ob Menschen zu Schaden gekommen sind wissen wir heute nicht mehr. Großmutter hat mir nie etwas davon erzählt.
Zur schnellen Ausbreitung des Feuers trug auch bei, dass Friedrichsgrätz keine eigene Feuerspritze hatte. Diese musste erst im 7 Km entfernten Malapane angefordert werden. Da es zwischen Malapane und Friedrichsgrätz damals noch keine Straße gab, blieb die Feuerspritze in einem der vielen Schlaglöcher stecken.
Damit so etwas nicht mehr passiert wurde kurz nach dem Feuer eine befestigte Verbindungsstraße nach Malapane gebaut. Die Grätzer nannten sie liebevoll „Kamenka – Steinweg.“ Für viele Grätzer war der Bau der Pflastersteinstraße ein willkommener Nebenverdienst. Es war sehr schwere Arbeit, eigentlich eine reine Männerarbeit. Steine tragen, klopfen und auf den Knien verlegen. Trotzdem mussten Frauen, unter anderem auch meine Großmutter mitarbeiten, um Geld für ihre Familien mitzuverdienen. Großmutter war ihr ganzes Leben, von jungen Jahren bis ins Alter an schwere Arbeit gewöhnt.
Die Ursache des Feuers wurde nie festgestellt. Manche vermuteten, wie es damals öfter vorkam, einen versuchten Versicherungsbetrug.
Andere wiederum meinten, das Feuer entstand unbeabsichtigt durch Nachlässigkeit beim Brotbacken. Angeblich säuberte eine Hausfrau nach dem Brotbacken den noch heißen Ofen mit einem Reisigbesen. Den Reisigbesen stellte sie in Eile im Schuppen ab. Das dort gelagerte Stroh und Holz fing von dem noch glühenden Besen Feuer, das nicht mehr zu löschen war und sich schnell weiter verbreitete.
Die Friedrichsgrätzer krempelten nach dem Feuer die Ärmel hoch, mit großer Sparsamkeit, harter Arbeit und überdurchschnittlichem Fleiß entstanden viele neue Ziegelhäuser, die von nun an das Aussehen des Dorfes prägten. Wie ich aus Erzählungen weiß wurden zuerst die Ställe gebaut. Die Menschen rückten lieber enger zusammen nur um das Vieh gut versorgt zu wissen. So manches Kind ist im Stall zur Welt gekommen. Tante Anna war eines dieser Kinder, die im Januar 1905 im Stall geboren wurden, wie unser Herr Jesus meinte sie immer.
Im Frühjahr 1925 wurde in Friedrichsgrätz der elektrische Strom installiert. Der Preis dafür war, dass unersetzlich viele Bäume noch aus der Gründerzeit gedankenlos gefällt wurden. Pastor Klaar schreibt, dass die Bäume der schönste Schmuck von Friedrichsgrätz waren. Trotzdem bedeutete es aber noch lange nicht, dass auch alle Häuser den Stromanschluss beantragten. Viele konnten sich diesen Luxus gar nicht leisten. Erst nach und nach, wurde ein Haus nach dem anderen je nach den finanziellen Möglichkeiten an das Stromnetz angeschlossen.
Heute können wir uns die vielen Sorgen der Menschen damals kaum noch vorstellen, wir dürfen nur in großer Achtung auf unsere Vorfahren zurückblicken, die uns alle schon in die Ewigkeit vorausgegangen sind.
Juli 2004 Paul Daniel